Was wollen wir mit Zucht erreichen?
Zerstochen steht der Imker an einem regnerischen Tag vor seinen Völkern, die ihm noch nicht einmal besonders viel Honig eingebracht haben. Sechs von zehn Völkern sind ausgeschwärmt, eins davon, am Sonntag, auf einen Baum in Nachbars Garten direkt neben der Terrasse. Die Nachbarseltern, schäumend vor Wut, erstatteten Anzeige ... Eine Horrorvision? Leider nein.
Zuchtziele
Wie ist das bei der Zuchtauswahl, wie sollten da die Ziele aussehen?
Gehen wir hier kurz auf einige Bewertungskriterien ein, die auch bei einem geringen Pool an Bienenvölkern realistisch zu bewerten sind: Vitalität Brut: Ein geschlossenes Brutbild läßt auf gesunde und vitale Brut schließen, da kranke Brutzellen von den Bienen entfernt werden. Hier können verschiedene Ursachen vorliegen wie Pilzkrankheiten, Varroaschäden, aber noch häufiger unmittelbare Inzuchtschäden.
Die Ammenbienen erkennen den zu engen Verwandschaftsgrad (gleiche Sexallele, andere Letalfaktoren) und räumen die Zellen ebenfalls aus.
Um hier den Grad der Verwechslung so gering wie möglich zu halten, sollte die Bewertung im Frühjahr bis Sommer (Mitte Juli) vorgenommen werden, also in Zeiten der höchsten Brutausdehnung.
Fruchtbarkeit: Wird auf die aufgezogene Brutmenge umgerechnet. Zu bewerten ist hierbei die Anzahl der Brutwaben, aber auch eine ausreichende Brutausdehnung. Ausgehend von 10 Dadantwaben, ist ein Testvolk Ende Mai mit 8,5 bis 9 Brutwaben als optimal anzusehen. Wird dieses Brutmaximum auch noch lange aufrecht erhalten, sprechen wir von einem fruchtbaren Kontrollvolk.
Varroatoleranz: Besonders fruchtbare Völker durch eine hohe Anzahl an Brut und Bienen müßen eine große Menge Varroabefall vertragen und ein besseres Regenerationsverhalten zeigen. Wichtig ist hier die Brutdauer respektive die Brutpause, die so ausgedehnt wie möglich sein soll (Herbst und Winter). Toleranzselektion durch Überlebenstests, wie sie von einigen wenigen Berufskollegen durchgeführt werden, sind für Hobbyimker sicherlich nicht anzuraten.
Ertrag: Die oben genannten Faktoren und ihre richtige Einschätzung stehen in direkter Abhängigkeit zum wirtschaftlichen Ertrag eines Bienenvolkes. Neben weiteren anzustrebenden Eigenschaften wie Findigkeit und Flugkraft unserer Bienen, die die Erntemenge unmittelbar beeinflussen, ist der überdurchschnittliche Ertrag eines Volkes an Ihrem Stand ein Indikator für eine gute Zuchtleistung.
Schwarmträgheit: Ein Naturtrieb, der im verstärkten Grad erblich ist. Wann ist ein Volk schwarmtriebig? Bei optimalen Wetterverhältnissen und guter Trachtlage kommt es oft vor, dass auch schwarmträge Völker Zellen ansetzen, diese dann aber wieder ausfressen. Völker in Schwarmlaune setzen nicht unbedingt übermäßig viele Weiselzellen an, stellen aber nahezu ihre gesamten Arbeiten ein (Schwarmdusel) und sind nur durch Wegnahme der Königin am Schwärmen zu hindern.
Sanftmut: Die Sanftmut eines Bienenvolkes ist natürlich immer von uns Imkern abhängig. Was passiert, wenn ein Bienenvolk ruckartig, ja nahezu brutal bearbeitet wird? Fehlende Körperhygiene, starke Rasierwässer, aber auch drohendes Gewitter, eingehende Telefonanrufe bei einem sich in Ihrem Rever befindlichen Mobiltelefon machen jede Biene wild. Genauso sind Bienen früh morgens, aber auch abends bei einsetzender Kühle aggressiver.
Erwarten wir nicht, dass wir uns auf ein Bienenvolk legen können und: Es passiert nichts, außer dass wir eingeschlafen sind.
Doch vergessen wir nicht: Sanftmut erleichtert die Arbeit an und mit unseren Bienen. Eine passable Sanftmut ist daher immer anzustreben - Verfolgungswut, wie von uns beobachtet auf einem Bauernhof, wo die Pferde und Hunde eines Nachbarn gestochen wurden, ist nicht zu tolerieren.
Bei Rapstracht kann eine Bewertung der Sanftmut am besten vorgenommen werden. Können wir hier ein Volk zügig und ohne dauernden Smokereinsatz und Ammenschleier bearbeiten, ist hier eine gute Bewertung vorzunehmen.